Soziale Phobie

Auf dieser und den folgenden Seiten finden Sie ausführliche Fachinformationen über Symptome, Diagnose, Ursachen und Therapie der Sozialen Phobie.

Weitere Informationen für Betroffene und Angehörige finden Sie auf unserer Internetseite im Kapitel Soziale Ängste.

Als Soziale Phobie bezeichnet man Angststörungen, die durch eine übermäßige Angst vor sozialen Situationen wie z.B. dem Essen oder Trinken im Beisein von anderen Menschen, dem Ansprechen einer fremden Person oder dem Reden in bzw. vor Gruppen von Menschen, geprägt sind. Je nach Ausprägungsgrad der sozialen Phobie können diese Ängste auf wenige Situationen beschränkt sein oder sich auf ein weites Spektrum von Sozialkontakten wie z.B. jegliche Begegnung mit anderen Menschen beziehen.

Die Betroffenen befürchten dabei zumeist, dass sie oder ihr Verhalten in den sozialen Situationen von anderen negativ bewertet werden. Viele Betroffene erleben ihr eigenes Verhalten in sozialen Situationen als “unzureichend”, “peinlich” usw. Die Betroffenen kennen als Bewertung ihres eigenen Verhaltens häufig vorrangig Gedanken wie “Andere hätten das besser gemacht!” oder “Meine Leistung war nichts Besonderes!”.

Viele Betroffene erleben in der angstbesetzten Situation oder bei dem Gedanken an diese Situation diverse körperliche Symptome, wie z.B. Schweißausbrüche, Herzrasen, Erröten, Stuhl- oder Harndrang, Zittern oder Kurzatmigkeit.

Häufig entwickeln die Erkrankten aus der Wahrnehmung dieser Angstsymptome die Befürchtung, dass ihr Gegenüber diese Symptome bei ihnen auch bemerkt, und dass sie selbst deswegen erst recht unangenehm auffallen. Dadurch können sie in einen Teufelskreis aus den Ängsten, den körperlichen Symptomen der Angst und ihren belastenden Gedanken geraten, insbesondere wenn die Betroffenen selbstabwertende Gedanken entwickeln wie z.B. “Jetzt fällt allen auf, wie unsicher ich bin...!”, “Ich wusste ja schon immer, dass ich unfähig bin...!” etc.

Soziale Phobie: Epidemiologie

Prävalenz

Die Daten zur Prävalenz der Sozialen Phobie lassen sich nur schwer erheben, da viele Erkrankte eben aufgrund dieser sozialen Ängste den Kontakt zu Ärzten oder Therapeuten vermeiden, so dass das Krankheitsbild z.B. in der statistischen Erhebung von Arztbesuchen oder Klinikaufenthalten eher unterrepräsentiert ist.

Die Lebenszeitprävalenz der Sozialen Phobie wird für die westlichen Industrieländer auf ca. 13% geschätzt. Die Soziale Phobie ist bei Frauen doppelt so häufig wie bei Männern.

Nach Experteneinschätzungen sind in Europa über 10 Millionen Menschen von der Erkrankung betroffen.

Die Soziale Phobie ist eine häufige und schwerwiegende Erkrankung, die wegen des damit verbundenen Leidensdrucks, einer erhöhten Suizidrate und einer häufigen Komorbidität mit Suchterkrankungen nicht bagatellisiert werden darf.

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Soziale Phobie: Symptome

Kennzeichnend für die Soziale Phobie ist die Angst, von anderen Menschen negativ bewertet zu werden. Die Betroffenen befürchten, wegen ihres Aussehens oder ihres Verhaltens kritisch betrachtet zu werden. Die Furcht äußert sich in körperlichen Symptomen, wie Herzrasen, Zittern, Schwitzen, Muskelverspannungen, Mundtrockenheit, Kopfdruck, Erröten sowie Harn- oder Stuhldrang.

Diese Symptome können sich bis zu einer Panikattacke steigern. Die Patienten befürchten, dass man ihnen die Angstsymptome wie Zittern oder Erröten anmerken könnte. Sie vermeiden direkten Blickkontakt. Die Betroffenen tendieren dazu, soziale Situationen zu vermeiden, was oft zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität und sozialer Vereinsamung führt.

Menschen mit einer Sozialen Phobie neigen dazu, das Ergebnis einer sozialen Situation als für sich selbst katastrophal zu bewerten - unabhängig davon, wie gut oder schlecht sie von anderen bewertet würden.

Für einige Menschen sind die sozialen Ängste auf bestimmte Situationen beschränkt, zum Beispiel vor anderen Menschen zu reden oder gemeinsam mit anderen Menschen zu essen. Bei anderen Erkrankten treten die Ängste generalisiert auf, mit Problemen in fast allen sozialen Situationen. Da viele Patienten große Angst davor haben, sich einem Arzt anzuvertrauen, gibt es eine hohe Dunkelziffer von nicht diagnostizierten Sozialphobien. Nur etwa 35% der Betroffenen lassen sich behandeln.

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Soziale Phobie: Diagnose

Die Diagnose der Sozialen Phobien erfolgt unter anderem entsprechend den Kriterien der ICD-10 sowie des DSM-5.

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Soziale Phobie: Formen

Es gibt verschiedene Unterformen bzw. Sonderformen der Sozialen Phobie. Ob die Zuordnung des jeweiligen Störungsbildes zur Sozialen Phobie oder zu den Spezifischen Phobien erfolgt, ist dabei nicht immer eindeutig, oftmals handelt es sich um Übergangsformen.

Eine bekanntere Erkrankung ist die so genannte Erytrophobie, die Angst vor dem Erröten.

Soziale Phobie: Testverfahren

Zur Erfassung des Schweregrades der Sozialen Phobie gibt es verschiedene spezifische Testverfahren, wie z.B. das Sozial Phobia Inventory oder die Liebowitz Social Anxiety Sale.

Soziale Phobie: Komorbidität

Die Sozialen Phobien treten häufig komorbid mit Persönlichkeitsstörungen, insbesondere der Ängstlichen (vermeidenden) Persönlichkeitsstörung sowie der Abhängigen (asthenischen) Persönlichkeitsstörung, auf.

Daneben besteht relativ häufig eine Komorbidität mit Depressiven Störungen oder Substanzuabusus. Darüber hinaus bestehen komorbid oftmals weitere Angststörungen wie z.B. Agoraphobie mit/ohne Panikstörung, spezifischen Phobien, sowie der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS/PTSD).

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Soziale Phobie: Folgeerkrankungen

Die Soziale Phobie wird zumeist von ausgeprägten, belastenden körperlichen Reaktionen begleitet, die vor bzw. während der belastenden Situation auftreten, wie z.B. Herzklopfen, Erröten, Schwitzen, Schwindel, Übelkeit, Diarrhoen, etc.

Viele Betroffene erkennen selbst, dass ihre Angst vor den sozialen Situationen überhöht oder unrealistisch ist, trotzdem fällt es den meisten Betroffenen schwer, diese Ängste zu überwinden.

Die Soziale Phobie stellt für die Erkrankten oftmals eine sehr große Belastung dar, so dass es sekundär auch zum Auftreten weiterer Beschwerden wie Depressionen oder generalisierten Ängsten kommen kann.

Einige Erkrankte leiden so stark unter den Ängsten, dass Sie Alkohol, Beruhigungsmittel oder Drogen einnehmen, als Versuch, die Ängste zu vermindern.

Es gibt statistische Untersuchungen, nach denen ca. 7% der Bevölkerung an Sozialen Phobien bzw. Sozialen Ängsten leiden. Demzufolge wären die Sozialen Ängste die dritthäufigsten seelischen Beschwerden, nach Depressionen und Alkoholmissbrauch.

Soziale Phobie: Differenzialdiagnose

Die Soziale Phobie ist eine spezielle Form der Angststörungen. Differenzialdiagnostisch muss die Soziale Phobie von verschiedenen anderen psychischen Stöungen abgegrenzt werden. Bei der Panikstörung treten attackenförmig Angstsymptome auf, sie ist häufig mit einer Agoraphobie verbunden. Bei dieser Störung beziehen sich die Sorgen vor allem auf die körperlichen Symptome und deren Folgen auf den Körper, während sich die Sorgen von Patienten mit Sozialer Phobie auf soziale Situationen beziehen, in denen sich die Person kritisiert fühlen könnte. Im Gegensatz zu Patienten mit Agoraphobie haben Patienten mit Sozialer Phobie nicht unbedingt Furcht in großen Menschenmengen, sondern eher in kleinen Gruppen, wie etwa unter Freunden oder Arbeitskollegen.

Das Vermeiden von Außenkontakten findet sich auch bei Depressiven Störungen. Zur Abgrenzung gegenüber dieser Erkrankung können Symptome wie Tagesschwankungen oder Schuldgefühle dienen. Wenn ein Patient berichtet, dass er sich von Fremden beobachtet oder ausspioniert fühlt, muss das Vorliegen einer Psychose, z.B. einer Schizophrenie, ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zum psychotischen Patienten ist dem Sozialphobiker meistens bewusst, dass die Befürchtungen, negativ bewertet zu werden, übertrieben oder unrealistisch sind.

Bei der Dysmorphophobie besteht die wahnhafte Überzeugung, von einem körperlichen Defekt betroffen zu sein (zum Beispiel eine misssgestaltete Nase zu haben). Diese Störung ist wahrscheinllich nicht mit der Sozialen Phobie verwandt.

Schwierig kann die Abgrenzung der sozialen Phobie gegenüber der Ängstlich-vermeidenen Persönlichkeitsstörung sein, da die Klassifikationskriterien keine klare Unterscheidung erlauben.

Falls die sozialen Ängste in der frühen Kindheit auftreten, wird eher die Diagnose einer Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters (ICD-10 F93.2) gestellt.

Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen sollte eine Abgrenzung zwischen einer Sozialen Phobie und einem ADHS erfolgen. Darüber hinaus sollte das Vorliegen von Symptomen eines Autismus bzw. eines Asperger-Syndroms ausgeschlossen werden.

Soziale Phobie: Historie

Soziale Ängste und ausgeprägte Schüchternheit sind ein Krankheitsbild, dass es bereits seit der Antike gibt.

Die heute gültige Beschreibung unter dem Begriff Soziale Phobie (engl. social phobia, auch social anxiety disorder) wurde von der American Psychiatric Association erstmals mit der Veröffentlichung des DSM-III genauer definiert.

Soziale Phobie: Ursachen und Modelle

Es gibt verschieden Modelle, die zu erklären versuchen, wie soziale Ängste bzw. Soziale Phobien entstehen.

Wie bei anderen Angststöungen werden traumatische und andere Lebenserfahrungen, Fehlkonditionierungen, genetische Einflüsse und neurobiologische Dysfunktionen als mögliche ätiologische Faktoren für die soziale Phobie diskutiert.

Familiäre und genetische Faktoren

Es scheint so zu sein, dass soziale Ängste eine bestimmte familiäre Häufung zeigen. In verschiedenen Zwillingsstudien wurden Heritabilitäten von 24-51% berechnet.

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Soziale Phobie: Verlauf

Die Soziale Phobie beginnt meistens bereits im Jugendalter und verstärkt sich im Krankheitsverlauf. Ohne adäquate Therapie neigt die Soziale Phobie dazu, weiter zu persisitieren.

Unter konsequenter Behandlung mit regelmäßiger Psychotherapie und / oder medikamentöser Behandlung zeigen sich im Allgemeinen deutliche Verbesserungen.

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Soziale Phobie: Therapie

Die Therapie der Sozialen Phobie besteht üblicherweise aus einer Psychotherapie, einer medikamentösen Behandlung oder einer Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten. Weitere hilfreiche Therapieelemente können u.a. Selbsthilfegruppen, körperorientierte Therapieverfahren oder Gestaltungstherapie sein.

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